Wir brauchen kein Dankeschön!

Am 31.01. gab es auf Beschluss des Abgeordnetenhauses einen Aktionstag unter dem Motto „Berlin sagt Danke“. Danke für das zahlreiche ehrenamtliche Engagement für Geflüchtete in der Stadt.

Wir und viele andere Initiativen finden aber, dass es statt Danksagungen an der Zeit ist, die skandalösen Zustände in der Stadt zu beenden:

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Tempelhofer Feld: Integration in der Stadt statt Massenlager auf dem Feld

Der Berliner Senat plant ein riesiges Ghetto für geflüchtete Menschen am Flughafen Tempelhof, obwohl bereits die Situation für die derzeit über 2000 Geflüchteten in den Hangars unzumutbar ist. Flüchtlinge werden als Vorwand benutzt, um den Volksentscheid über das Tempelhofer Feld zu kippen und das allgemeine Bauverbot auf dem Feld aufzuheben.

Das Bündnis Neukölln kritisiert diese Politik ebenso wie der Flüchtlingsrat Berlin e.V., die Demokratische Initiative 100% Tempelhofer Feld, die Architektenverbänden und vielen anderen.

Gemeinsam wenden wir uns gegen eine Gesetzesänderung beim Tempelhofer Feld und stellen Alternativen zu Lagern für geflüchtete Menschen vor: ausreichend preiswerte und nachhaltig nutzbare Wohnungen für Langzeitberliner*innen und Neuankommende – überall in der Stadt. Die Gesetzesänderung wird ja damit begründet, dass alle Reserven für die Wohnraumversorgung von Geflüchteten in Berlin erschöpft seien – eine Provokation angesichts der Angebote, die auf dem Tisch liegen. Allein der Bund hat eine Liste mit über 50 Standorten vorgelegt. Diese Liegenschaften stehen dem Land mietzinsfrei zur Verfügung, die Kosten für die Instandsetzung und Herrichtung würden ersetzt. Der Senat nutzt aktuell nur sechs davon. Weitere leerstehende und kurzfristig verfügbare Immobilien sind z.B. hier gelistet.

Eine Gelegenheit dazu, für einen menschenwürdigen und respektvollen Umgang mit geflüchteten Menschen und gegen die vermeintliche Alternativlosigkeit zu argumentieren sowie die Pläne des Senats zu kritisieren, ist die öffentliche Veranstaltung des Senats am heutigen Donnerstag, 21. Januar 2016 um 19 Uhr in der Abfertigungshalle des ehemaligen Flughafens Tempelhof.

Hier ein Auszug aus der Einladung:

Für nähere Informationen und Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Aus dem Senat:

  • Herr Czaja, Senator für Gesundheit und Soziales
  • Herr Glietsch, Staatssekretär für Flüchtlingsfragen in der Senatskanzlei
  • Herr Gaebler, Staatssekretär Verkehr und Umwelt in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
  • Herr Rackles, Staatssekretär für Bildung in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft

Aus den Bezirken:

  • Frau Schöttler, Bezirksbürgermeisterin in Tempelhof-Schöneberg
  • Frau Dr. Giffey, Bezirksbürgermeisterin in Neukölln (angefragt)
  • Herr Dr. Beckers, stellvertretender Bezirksbürgermeister in FriedrichshainKreuzberg
  • weitere Stadträtinnen und Stadträte aus den Bezirken

Für den Träger der Flüchtlingsunterkunft (TAMAJA Soziale Dienstleistungen GmbH)

  • Herr Elias, Einrichtungsleitung

Bitte seien Sie pünktlich zum Einlass um 18 Uhr vor Ort, da wir aufgrund der Kapazität des Raumes nicht versichern können, dass allen Einlass gewährt werden kann. Wir weisen Sie darauf hin, dass es Einlasskontrollen geben wird. Bitte verzichten Sie daher auf große Taschen und Rücksäcke.

Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. #ausnahmslos

Screen-shot-2015-01-07-at-12.42.20-PMGern dokumentieren wir nachfolgend diese Stellungnahme zur sexualisierten Gewalt gegen Frauen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln und anderen Städten und laden sehr herzlich mit zur Unterzeichnung ein.


Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. #ausnahmslos

In der Silvesternacht auf 2016 waren in Köln und anderen deutschen Städten viele Frauen sexualisierter Gewalt an öffentlichen Plätzen ausgesetzt. Diese Taten müssen zügig und umfassend aufgeklärt werden. Die Schutzlücken im Straftatbestand der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung müssen endlich geschlossen werden.

Wir fordern, dass den Betroffenen jetzt alle Unterstützung und Hilfe zukommt, die sie benötigen. Wir stehen solidarisch mit all denjenigen, die sexualisierte Gewalt und Belästigung erfahren und erfahren haben.

Wer wir sind

Als Feminist_innen [1] aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen setzen wir uns seit vielen Jahren für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und für eine offene und faire Gesellschaft ein, engagieren uns gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt. Dabei haben wir gelernt, wie wichtig es ist, auch gegen Rassismus und andere Formen von Diskriminierung zu stehen.

Dafür setzen wir uns ein

Der konsequente Einsatz gegen sexualisierte Gewalt jeder Art ist unabdingbar und von höchster Priorität. Es ist für alle schädlich, wenn feministische Anliegen von Populist_innen instrumentalisiert werden, um gegen einzelne Bevölkerungsgruppen zu hetzen, wie das aktuell in der Debatte um die Silvesternacht getan wird.

Sexualisierte Gewalt darf nicht nur dann thematisiert werden, wenn die Täter die vermeintlich „Anderen“ sind: die muslimischen, arabischen, Schwarzen oder nordafrikanischen Männer – kurzum, all jene, die rechte Populist_innen als „nicht deutsch“ verstehen. Sie darf auch nicht nur dann Aufmerksamkeit finden, wenn die Opfer (vermeintlich) weiße Cis[2]-Frauen sind. Der Einsatz gegen sexualisierte Gewalt muss jeden Tag ausnahmslos politische Priorität haben, denn sie ist ein fortwährendes Problem, das uns alle betrifft. 2014 ergab eine Erhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA), dass mehr als die Hälfte aller Frauen bereits sexuell belästigt wurde und ein Drittel sexualisierte und/oder physische Gewalt erlebte. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist jährlich mehr als 7.300 angezeigte Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen in Deutschland aus [3], das sind zwanzig jeden Tag. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher.

Alle Menschen sollen sich von klein auf, unabhängig von ihrer Ethnie, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität, Religion oder Lebensweise, sicher fühlen und vor verbalen und körperlichen Übergriffen geschützt sein: egal ob auf der Straße, zu Hause, bei der Arbeit oder im Internet. Ausnahmslos. Das sind die Grundlagen einer freien Gesellschaft.

Für diese politischen Lösungen setzen wir uns ein:

  1. Die Arbeit der Beratungsstellen muss gestärkt und ihr Angebot ausgebaut werden, einschließlich Therapiemöglichkeiten und besserem, schnelleren Zugang zu Therapieplätzen. Auch die Arbeit von Frauenhäusern muss gestärkt und vor allem finanziell ausreichend abgesichert werden. Alle Beratungsstellen und -angebote müssen barrierefrei sein.
  2. Die Gesetzeslage muss angepasst werden: Sexuelle Belästigung ist in Deutschland immer noch keine eigenständige Straftat. Und ob eine Vergewaltigung als strafbar gilt, wird zum Beispiel auch daran festgemacht, ob sich die betroffene Person ausreichend zur Wehr setzte.
  3. Mehr öffentliche Aufklärungsarbeit hilft, Gewalt zu vermeiden, und signalisiert den Betroffenen, dass sie sich Hilfe holen und mit gesellschaftlicher Unterstützung rechnen können. Wir möchten dafür sensibilisieren, dass die Gefahr, Sexismus und sexualisierte Gewalt zu erleben, im engen sozialen Umfeld besonders groß ist und in allen gesellschaftlichen Gruppen vorkommt.
  4. Auch eine geschlechtersensible Pädagogik kann (sexualisierter) Gewalt vorbeugen. Dazu zählt nicht zuletzt die Aufklärung über Geschlechterstereotype und die Bedeutung von Sprache.
  5. Polizei und Justiz müssen geschult werden, damit es überhaupt zur Strafverfolgung kommt und in diesen Prozessen sensibel und respektvoll mit Betroffenen umgegangen wird.

Für diese gesellschaftlichen Lösungen setzen wir uns ein:

  1. Die Debatte über sexualisierte Gewalt muss offen, kritisch und differenziert geführt werden. Dazu gehört die Analyse, Aufarbeitung und Bekämpfung von soziokulturellen und weltanschaulichen Ursachen von Gewalt. Dringend muss auch über Auswirkungen gesellschaftlicher Stigmatisierung von Betroffenen sexualisierter Gewalt gesprochen werden.
  2. Betroffene sexualisierter Gewalt müssen ernst genommen werden. Es darf keine Täter_innen-Opfer-Umkehrung, wie in Form von Verhaltensregeln für Betroffene, und keine Verharmlosung geben.
  3. Sexismus und Rassismus sind nicht Probleme „der Anderen”: Wir alle sind von struktureller Diskriminierung geprägt und müssen erlernte Vorurteile erst einmal reflektieren, um sie abzulegen.
  4. Wer Zeug_in von sexualisierter Gewalt und Sexismus wird, sollte nicht wegschauen, sondern eingreifen – von Hilfe und Beistand bei sexualisierten Übergriffen bis zum Einspruch gegen sexistische Sprüche, „Witze“ oder Werbung.

Für diese medialen Ansätze setzen wir uns ein:

  1. Die mediale Berichterstattung über sexualisierte Gewalt darf die Opfer nicht verhöhnen und die Taten nicht verschleiern. Täter sollten nicht als „Sex-Gangster” oder „Sex-Mob” beschrieben – da sexualisierte Gewalt nichts mit Sex zu tun hat – und häusliche Gewalt nicht als „Familien-” oder „Beziehungsdrama” verharmlost werden.
  2. Sexismus und andere Diskriminierungsformen müssen als Nährboden für sexualisierte Gewalt verstanden und als reale und bestehende Probleme anerkannt werden. Es muss ernst genommen werden, wie die mediale Darstellung u.a. weiblicher Körper als Lustobjekte mit sexualisierter Gewalt verknüpft ist. Sexismus darf weder im Alltag noch in der Werbung und in den Medien Platz haben.
  3. Das Problem des Sexismus und der sexualisierten Gewalt darf nicht „islamisiert“ und damit pauschal einer Religion und ihren – häufig vermeintlichen – Angehörigen zugeschrieben werden. Damit werden mindestens 5 Millionen Menschen in Deutschland unter Generalverdacht gestellt. Redaktionen sollen reißerische und stigmatisierende Deutungen vermeiden, denn diese ziehen konkrete negative Folgen für Mitglieder unserer Gesellschaft nach sich.
  4. Die Bildsprache ist frei von rassistischen und sexistischen Klischees zu halten. Bilder wirken unterbewusst und können selbst eine differenzierte Berichterstattung torpedieren.
  5. Redaktionen müssen vielfältiger werden. Nach wie vor sind nur ein Bruchteil der Journalist_innen in Deutschland nicht-deutscher Herkunft und Berufswege stehen vor allem Menschen mit formal hoher Bildung offen. Männlich, heterosexuell und weiß dominierte Chefredaktionen tragen dazu bei, dass Themen, die andere Geschlechter, Ethnien und Minderheiten betreffen, nicht mit ausreichend Raum und Kompetenz behandelt werden.

Verfasser_innen

Kübra Gümüşay
Anne Wizorek
Emine Aslan
Stefanie Lohaus
Teresa Bücker
Keshia Fredua-Mensah
Gizem Adıyaman
Dudu Küçükgöl
Helga Hansen
Kristina Lunz
Nicole von Horst
Antje Schrupp
Sookee
Gesine Agena
Jasna Strick
Yasmina Banaszczuk
Lavinia Steiner
Katrin Gottschalk
Ninia LaGrande
Hengameh Yaghoobifarah
Makda Isak
Melahat Kisi

Weitere Informationen sowie das Statement unterzeichnen auf: http://ausnahmslos.org/mitzeichnerinnen#signatureform


[1] Das sogenannte Gender Gap, signalisiert durch den Unterstrich, bietet Platz für Menschen, die sich außerhalb der binären Geschlechterkategorien Mann-Frau einordnen.

[2] Mit der Vorsilbe Cis werden Personen bezeichnet, die sich mit ihrem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht identifizieren.

[3] Bundesministerium des Inneren: Polizeiliche Kriminalstatistik 2014, S. 4.

 

Es gibt sie – Alternativen zu Müllers Lagerpolitik

Pressemitteilung stadtpolitischer Initiativen vom 4. Januar 2016

Das Berliner Abgeordnetenhaus soll noch im Januar endgültig über das sogenannte „Gesetz zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen“ abstimmen. Dieser Gesetzesvorschlag sieht als einzige Maßnahme die Aufhebung des Bauverbots auf dem Tempelhofer Feld vor. Damit wäre der erfolgreiche Volksentscheid zum Erhalt des Tempelhofer Feldes im Handumdrehen ausgehebelt – ein Gesetz, das mit über 700.000 Ja-Stimmen beschlossen wurde: Ein Frontalangriff auf die Demokratie.

Wir fordern: die sofortige Rücknahme des Gesetzesentwurfs aus dem parlamentarischen Verfahren.

Entgegen der Darstellung von Herrn Senator Geisel hat die Initiative 100% Tempelhofer Feld, Trägerin des Volksbegehrens zum Erhalt des Tempelhofer Feldes, keine Gespräche mit dem Senat über die Erweiterung des Massenlagers auf dem Tempelhofer Feld geführt.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller will auf dem Tempelhofer Feld seine Massenlagerpolitik auf die Spitze treiben und einen Standort für über 15.000 Geflüchtete einrichten. Die Hangars im Tempelhofer Flughafen sind bereits jetzt die katastrophalsten Flüchtlingsunterkünfte Berlins. Seit Monaten investiert der Senat vorrangig in teure Massenlager (Messe, Turnhallen, Flugzeughangars, Lagerhallen) unter Missachtung der eigenen Mindeststandards für menschenwürdige Flüchtlingsunterkünfte. Absehbar sind gravierende gesellschaftliche Folgeprobleme einer solchen diskriminierenden Ausgrenzungspolitik mitten in Berlin. Dieser Kurs muss sofort korrigiert werden.

Wir fordern: die Schließung der Massenlager für Geflüchtete am Standort Tempelhofer Flughafen; wir fordern Wohnungen statt Lager.

Statt geflüchtete Menschen in Massenlagern zu ghettoisieren, muss der Senat sofort und vorrangig Maßnahmen ergreifen, mit denen die Flüchtlinge aus den Lagern zumindest vorübergehend in abgeschlossene Wohneinheiten in Gemeinschaftsunterkünften und baldmöglichst dauerhaft in normale Mietwohnungen ziehen können. Vorschläge, wie in Fahrplan „Alternativen zu Massenlagern Jetzt“ aussehen kann, haben wir exemplarisch von Seite der unterzeichnenden Initiativen ausgearbeitet: tausende Wohnungen könnten sofort und mittelfristig (2-12 Monate) aus dem Bestand verfügbar gemacht werden – wenn der Senat endlich den politischen Willen dafür aufbringt.

Unterzeichnende
Demokratische Initiative 100% Tempelhofer Feld e.V.
Netzwerk Architekten für Architekten
Initiative plattformnachwuchsarchitekten.de
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Bündnis Neukölln – Miteinander für Demokratie und Vielfalt
Moabit Hilft
Berliner Wassertisch
Bürgerinitiative Schmargendorf braucht Oeynhausen e.V.
Initiative „Willkommen im Westend“
Initiative „Start with a Friend“ e.V.

Weitere Infos finden sich in der Pressemappe, die wir für die Öffentlichkeit zusammengestellt haben.