Anwohner*inneninitiative Hufeisern gegen Rechts zu OG Rex und EG RESIN

158 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund verzeichnet die aktuelle Polizeistatistik für den Bezirk Neukölln seit 2016. Nach der Serie von Brandanschlägen im Dezember 2016 und Januar 2017 wurde beim LKA die Ermittlungsgruppe „Rechte Straftaten in Neukölln“ (EG RESIN) mit 6 Stellen und beim Abschnitt 56 die Operative Gruppe Rechtsextremismus (OG Rex) mit 3 Stellen eingerichtet.

Im Gegensatz zu den Antworten auf die schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Susanna Kahlefeld vom 26. Juni 2017 und der Abgeordneten Anne Helm und Niklas Schrader vom 02. August 2017 müssen wir aus unserer Sicht feststellen, dass beide Gruppen ihren gestellten Aufgaben nur unzureichend nachkommen.

Wir wollen diese Einschätzung an folgenden Beispielen illustrieren:

  1. In der Antwort auf die Anfrage vom 2.8.17 wird der Aufgabenbereich der OG Rex folgendermaßen beschrieben: „Die OG Rex dient konzeptionell der Netzwerkpflege und Beratung von im Bereich des A 56 aktiven Initiativen und Bündnissen gegen Rechts sowie von Opfern oder potentiell gefährdeten Personen rechter Gewalt und setzt sich anlassbezogen im Rahmen von ihr dienstlich bekannt gewordenen Veranstaltungen mit Organisatorinnen bzw. Organisatoren und beteiligten Einzelpersonen in Verbindung. Dabei wurden unter anderem Kontakte zu den Initiativen ‚Hufeisern gegen Rechts‘, ‚Aktionsbündnis Rudow für Demokratie und Toleranz‘ sowie ‚SJD – Die Falken‘ aufgenommen bzw. erneuert.“ Weiter heißt in der Antwort vom 26.6.17: „Eine erfolgreiche Arbeit hängt von gegenseitiger Akzeptanz und stetiger Kommunikation zwischen den bestehenden Initiativen und den polizeilichen Instanzen ab.“
    In Anlehnung an die gute Zusammenarbeit mit der Mitte 2016 aufgelösten EG Rex haben wir versucht, Gespräche mit der neu gebildeten OG Rex aufzunehmen. Dies ist uns bis heute nicht gelungen. Zwar haben sich 2 Mitglieder der OG Rex während des Hufeisenfestes am 17 Juni 2017 und während des Demokratiefestes in der alten Dorfschule Alt Rudow am 18. Juni 2017 kurz vorgestellt und auf unser Angebot positiv reagiert, zu einem Gespräch in unsere Gruppensitzung zu kommen, aber damit hat sich die bisherige Netzwerkarbeit der OG Rex erschöpft.Am 5. Juli haben wir beschlossen, die OG Rex zu unserem Initiativtreffen am 6. September einzuladen, um sich gegenseitig kennenzulernen und Möglichkeiten der Kooperation zu besprechen.Versuche unserer Initiative im Juli unter der angegebenen Telefonnr., die auch als Kontaktnr. in der Antwort auf die Anfrage von Frau Dr. Kahlefeld aufgeführt wird, die OG Rex zu erreichen, um sie zu dem Gespräch einzuladen, waren erfolglos. Zwei weitere Versuche in der ersten August-Woche waren ebenfalls vergeblich. Das Telefon war in allen diesen Fällen nicht besetzt.Ein Anruf am 3. August über die Telefonnr. der Wache des Abschnitts 56 ergab die Antwort, dass die Kollegen der OG Rex noch nicht auf der Wache seien, sie aber im Laufe des Tages zurückrufen würden. Als kein Rückruf erfolgte, haben wir am Morgen des 4.8.17 per E-Mail die OG Rex zu einem Gespräch in unsere Sitzung am 6. September 17, also mit einer Frist von einem Monat, eingeladen.Am selben Tag erhielten wir gegen 12 Uhr eine Antwort, dass wegen Urlaubs und sonstiger Abwesenheit die OG Rex zu diesem Termin „in sinnvoller Stärke“ nicht „verfügbar“ sei. Weiter wurde auf die Möglichkeit eines Gesprächs im Oktober hingewiesen, allerdings mit einer planerischen Vorlaufzeit von 14 Tagen. Unterschrieben und abgeschickt war dieser Brief von einem Polizeibeamten der Wache 56, der der OG Rex nicht angehört. Mit ihm erfolgte dann auch die neue Terminierung des Gesprächstermins für den 4. Oktober, also zwei Monate nach der gelungenen Kontaktaufnahme und drei Monate nach den ersten Versuchen, die angebotene Einladung auszusprechen.Wenn in den Antworten auf die beiden o. g. Anfragen suggeriert wird, dass die OG Rex um eine enge Zusammenarbeit mit den Neuköllner Initiativen und Organisationen bemüht sei, so wird aus unserer Sicht ein falsches Bild gemalt. Vielmehr kommt der Verdacht auf, dass die OG Rex als Einrichtung nur bei Veranstaltungen aufgestellt wird, um der Öffentlichkeit ihre Existenz zu demonstrieren, ansonsten aber die Beamten anderen Polizeiaufgaben nachgehen.

    Von einer stetigen Kommunikation zwischen den Initiativen und den polizeilichen Instanzen, wie sie in der Antwort auf die Anfrage vom 26.6.17 als Voraussetzung einer erfolgreichen Arbeit konstatiert wird, kann angesichts einer derart schwierigen Erreichbarkeit und Terminabstimmung keine Rede sein.

  2. Am 10. Februar 2017 führten zwei Mitglieder unserer Initiative mit dem Direktionsleiter der Direktion 5, Herrn Krömer, und der regionalen Ansprechpartnerin gegen Rechtsextremismus bei der Direktion 5, Frau Melzer, über die Notwendigkeit, eine Ermittlungsgruppe wieder einzurichten, die sich dezentral im Bezirk Neukölln mit den rechtsextreme Aktivitäten beschäftigt. Begründet wird dies nicht nur mit der starken Zunahme von rechtsmotivierten Straftaten, sondern auch den Erfordernissen einer engen Zusammenarbeit zwischen demokratischen Initiativen und der Polizei vor Ort. Im Verlaufe des Gesprächs sichert Herr Krömer die Einrichtung der OG Rex zum 1.3.2017 zu und kündigt eine Informationsveranstaltung für die Neuköllner Öffentlichkeit an. Diese Informationsveranstaltung hat bis zum heutigen Tag nicht stattgefunden.Wenn die Polizei den Kontakt zur Bevölkerung sucht und eine bürgernahe Arbeit im Bereich der Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten anstrebt, fragen wir, warum die verbindliche Ankündigung nicht realisiert wurde.
  3. In der Antwort vom 2.8.17 auf die Anfrage der Abgeordneten Helm und Schrader wird die Ermittlungsgruppe „Rechtsextremistische Straftaten in Neukölln“ (EG RESIN) beim Polizeilichen Staatsschutz des LKA Berlin wie folgt gekennzeichnet: „Die Aufgabenbeschreibung der EG RESIN umfasst die Aufklärung der hier in Rede stehenden Straftatenhäufung sowie die Ermittlung von Tatverdächtigen. Weiterhin fungieren die Mitarbeitenden als Ansprechpartner für Bürgerinitiativen und beraten beziehungsweise koordinieren bei Bedarf präventive Maßnahmen der Polizei im Rahmen des jeweiligen Tatkomplexes.“Entgegen der Namensgebung beschränkt sich das Einsatzfeld nicht nur auf Neukölln, die 6 Personen bearbeiten rechtsmotivierte Straftaten auch aus anderen Bezirken. Auch bezieht sich ihre Ermittlungsarbeit nicht auf alle rechtsmotivierten Straftaten. Propagandadelikte werden z. B. nur einbezogen, wenn eine Verbindung zu schwerwiegenden Straftaten der rechten Szene naheliegt. Aus unserer Sicht wird so der präventive Charakter der polizeilichen Arbeit beeinträchtigt.Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Polizei in den letzten Monaten im Zusammenhang mit dem Schutz von rechten Anschlägen betroffen und bedrohten Personen und Einrichtungen eine stärkere Präsenz zeigt.Allerdings halten wir es für kontraproduktiv und den demokratischen Aktivitäten abträglich, wenn die Polizei im Rahmen von Gefährdeten-Gesprächen Bürgerinnen und Bürger vor der Beteiligung an bzw. Unterstützung von Aktivitäten warnt, die sich öffentlich gegen Intoleranz und Rassismus richten und für ein demokratisches Zusammenleben werben.So wurden Mitglieder unserer Initiative geraten, Aufkleber von ihren Briefkästen zu entfernen, auf denen der Einwurf von Werbematerial der NPD, der AFD und anderer rechter Gruppierungen untersagt wird. Auch vor der Unterzeichnung von Aufrufen, die sich gegen rechte Aktivitäten richten, wurde gewarnt.Schließlich wurde am 13. Juli die Wirtin einer Gaststätte am Hufeisen von drei Polizeibeamten in einem Gefährdetengespräch davor gewarnt, bei einer 2 Tage später stattfindenden öffentlichen Veranstaltung unserer Initiative die Gaststätten-Toiletten für die Veranstaltungsbesucher zu öffnen und Strom zur Verfügung zu stellen. Beides hatten wir vorher mit der Wirtin vereinbart. Die Polizei wies darauf hin, dass die Wirtin möglichst alles vermeiden solle, was darauf hindeuten könnte, dass sie die Veranstalter unterstütze. Andernfalls könne es zu Angriffen aus der rechten Szene kommen, z. B. auf ihr Lokal.

    Wohlgemerkt, wir sprechen uns nicht gegen Gefährdetengespräche aus. Allerdings kann es nicht deren Aufgabe sein, demokratisches Engagement zu behindern oder engagierte Personen und Initiativen zu isolieren. Vielmehr muss es darum gehen, wie dieses Engagement geschützt werden kann, damit es im vorhergesehenen Sinne durchführbar ist.

    Im Zusammenhang mit dem Polizeigespräch in dem Lokal hätten wir uns gewünscht, wenn wir in das Gespräch einbezogen worden wären, um gemeinsam zu einer für alle akzeptablen Lösung zu kommen.

    Auch hier zeigt sich, wie wichtig und richtig die von der Polizei formulierte Aussage ist, stetige Kommunikation und Netzwerkarbeit mit den örtlichen Initiativen, Organisationen und Einrichtungen ist ein unverzichtbares Mittel für den Erfolg. Nur muss ihr Inhalt auch praktiziert werden.

Anwohner*inneninitiative Hufeisern gegen Rechts
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